Freitag, 19. Juni 2009

Sorgen mit den Sorben - Gibt es finanzielle Unregelmäßigkeiten?

KLARTEXT
© Rundfunk Berlin-Brandenburg

Di 10.02.04 22:05

Die Stiftung der Sorben ist in die Schusslinie von Bundesverwaltungsamt und Sächsischem Landesrechnungshof gekommen. Die Institution, die mit 16 Millionen Euro öffentlichen Mitteln aus Sachsen, Brandenburg und vom Bund finanziert wird, soll zu großzügig mit ihren Mitteln umgegangen sein. Nun wittert der Dachverband der Sorben ein Komplott und sieht den verfassungsamtlichen Minderheitenschutz der 20.000 Sorben in Brandenburg in Gefahr.
Beitrag von Holger Kulick

Ein Foto fürs Geschichtsbuch. Das Motiv: rund 40 Jugendliche aus Heinersbrück in der Lausitz, die stolz in den Trachten ihrer Vorfahren posieren.

Schon ihre Urgroßeltern ließen sich hier fotografieren, damals noch inniger verbunden mit dem, was diese Kostüme ausdrücken sollen: tiefe Verbundenheit mit dem sorbischen Volk. Und heute?

„Die Leute machen das nicht wegen der Tracht, sondern bloß wegen dem Spaß..“

Zu diesem Spaß gehört vor allem Alkohol....
Mit den Pullen im Gepäck ziehen sie durchs Dorf und feiern sorbische Fastnacht. Alle hundert Meter: Einkehr bei privaten Sponsoren. Der Beginn einer langen Nacht...
Solche Traditionsfeste haben zurzeit Hochkonjunktur in vielen Dörfern des Spreewalds und der Lausitz. Besucher können oft nur an der Zweisprachigkeit der Schilder erkennen, irgendwie in einer Art Ausland zu sein, das sich in Brandenburg auf 51 Gemeinden und auf Gebiete im Nordosten Sachsens erstreckt....

Befördert wurde diese sorbische Nationalkultur durch die SED. Bereits 1948 wurden die Sorben zu einer Art Vorzeigeminderheit mit besonderen Rechten.

Aktuelle Kamera aus dem Jahr 1983
„Heute leben erstmals in der Geschichte deutsche und sorbische Bürger gleichberechtigt nebeneinander. Auch das ist ein Stück Verwirklichung des Gesetzes von vor 35 Jahren.“

Nach der Wende wurde dieser Rechts-Schutz sogar noch weiter ausgedehnt. Den Sorben sind seitdem verfassungsamtlich auch Fördermittel garantiert. Das Geld verteilt die sogenannte „Stiftung für das sorbische Volk“, die 1991 per Staatsvertrag entstand. Der Bund, sowie Sachsens und Brandenburgs Regierung stiften der Stiftung derzeit 16 Mill. Euro pro Jahr. Das sind Summen, die in den beiden Zentralen der Institution in Bautzen und Cottbus offenbar zum Geldausgeben verführten, um vielfältig die Sprache und Kultur der angeblich 60.000 Sorben zu fördern – genaue Zählungen gibt es aber nicht.

Aber nun droht den bislang eher Verwöhnten plötzlich Ungemach. Bis zu 728.000 Euro würden in der Stiftung jährlich verschwendet, ergibt sich aus einem Prüfbericht des Bundesverwaltungsamts, der im wesentlichen auf Erkenntnissen des sächsischen Rechnungshofs basiert. Die Haushaltsführung der Sorben-Stiftung lasse zu Wünschen übrig und wenig transparent und effizient sei das Beziehungs-Geflecht mit der „Domowina“, dem politischen Verband der Sorben.

Die Grundkritik:

Udo Theobald, Vizepräsident Sächsischer Rechnungshof
„Es geht darum, dass es im Umgang mit öffentlichen Geldern Spielregeln gibt, die nicht eingehalten wurden...“

Älteren Sorben beunruhigt solche Kritik zutiefst. Als sich am letzten Freitag die Sorben der Niederlausitzer Domowina in Straupitz bei Cottbus zu ihrer Jahreshauptversammlung treffen, fühlen sich einige Besucher an düstere Zeiten deutscher Geschichte erinnert.

Vorwurfsvolle Töne werden laut:

Bernhard Rentsch
„ ...Campagne.....“
„in den letzten Tagen haben wir es mit einer Kampagne gegen uns Sorben zu tun...“
schimpft der Vorsitzende des Regionalverbands.

Doch dabei erfahren die anwesenden einfachen Mitglieder kaum, um welche Vorwürfe es eigentlich geht...

„Wissen sie denn eigentlich genau, was kritisiert wird?“
„Das weiß ich nicht so hundertprozentig genau.“
„Ich bin da auch nicht so richtig informiert, da müsste man mal den richtigen fragen.“


Da gebe es zum Beispiel eine kostenfressende Abteilungsleiterflut, reklamieren die Rechnungsprüfer.

Udo Theobald, Vizepräsident Rechnungshof Sachsen
„Es gibt eine zu starke Zersplitterung in verschiedene Einrichtungen, die in sich dann auch wieder nicht straff strukturiert sind. Ich denke da an das sorbische Institut, das aus mehreren Miniorganisationen besteht, mit der Folge, dass sie letztlich so viele Häuptlinge wie Indianer haben.“

Außerdem würden Eigenverkaufseinrichtungen unwirtschaftlich geführt und teilweise Räumlichkeiten unnötig kostspielig angemietet. Dies sei beispielsweise für das eigene Sprachenlernzentrum „Witaj“ in Bautzen der Fall, obwohl eigene, freie Räume existieren würden.

Udo Theobald, Vizepräsident des Rechnungshofs Sachsen
“Ein Beispiel vielleicht noch. Im Jahr 2000 hatte die Stiftung einen gebrauchten Omnibus gefördert, der zuvor schon einmal gefördert worden war, so dass am Ende 24.000 Euro mehr bezahlt wurden als der Neupreis diese Busses je betragen hätte.“

Alles "olle Kamellen" wehrt sich der Direktor der Stiftung der Sorben.
Es würden nur Vorwände gesucht, um generell Mittel einzukürzen, dabei habe die Stiftung längst viele Auflagen erfüllt und Personal abgebaut.

Marko Suchy, Direktor Stiftung der Sorben
“Wir haben 1992 als Stiftung angefangen mit einem Haushalt von 40 Millionen, sprich rund 20 Millionen Euro und konnten damit 625 Stellen finanzieren, die es damals in den sorbischen Einrichtungen noch gab. Heute haben wir 16 Mill. Und finanzieren 395 Stellen. Mehr ist nicht machbar.“

Udo Theobald, Rechnungshof Sachsen
“Was wir festgestellt haben, betrifft jetzt nicht so sehr die Anzahl der Arbeiter, obwohl dort immerhin eine gewisse Bewegung festzustellen ist, die aber im Vergleich zu anderen Einrichtungen zu viel ist, sondern betrifft, das die jetzt Beschäftigten einfach zu hochbezahlt sind.“

Rund zwei Drittel der Stiftungsgelder machen Personalkosten aus, räumt der Direktor ein, überhöht seien die nicht.

Marko Suchy, Stiftung für das sorbische Volk
“Der Direktor der Stiftung, der oft genug als der bestbezahlte Sorbe dargestellt wird, hat eine Vergütung, die einem Referatsleiter in einem Ministerium entspricht.“

Doch so kann es nicht weitergehen, schimpft in Hoyerswerda die SPD-Bundestagsabgeordnete Barbara Wittig. Sie gehört dem politischen Beirat der Sorben-Stiftung an und verteidigte die Stiftung bislang energisch gegen Kürzungswunsche durch den Bund. Aber Milde mit den Sorben-Funktionären scheint jetzt vorbei.

Barbara Wittig (MdB-SPD), politischer Beirat der Stiftung für die Sorben
“Ich sage, das muss Konsequenzen kriegen, die Arbeitsweise der Stiftung kann nicht so bleiben.“

Ein abgekartetes Spiel! Kontert Brandenburgs PDS und eilt den Sorben mit einer ellenlangen parlamentarischen Anfrage zu Hilfe, um deren Kulturarbeit öffentlich zu preisen.

Heinz Vietze, PDS
“Da gibt es glaube ich, Überlegungen, die sind einfach an den Haaren herbeigezogen, um einfach ein Sparprogramm zu realisieren und sich möglicherweise aus der Verantwortung herauszumogeln. Und demzufolge will ich an diese Stelle schon sagen, das ist mit uns nicht zu machen.“

Nun droht offener Streit um die Sorben. Aus Furcht, in dieser Minderheitenfrage anzuecken, unterblieb das bislang. Dabei plagen in Orten wie Heinersbrück viel praktischere Sorgen. Dort entscheidet nächste Woche das Schulamt über die Schließung der sorbischen Grundschule. Hier würde das dringend für die Fortsetzung von Kulturarbeit gebraucht, was möglicherweise anderswo verpulvert wird...

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