Freitag, 19. Juni 2009

Schlechtes Marketing, kaum Zusammenarbeit – Gutachten zeigt Probleme bei den Sorben

Sächsische Zeitung
Mittwoch, 3. Juni 2009

Das Institut für kulturelle Infrastruktur Görlitz überprüft momentan neun sorbische Einrichtungen. In einem Zwischenbericht wird Kritik deutlich.

Von Irmela Hennig

Geprüft werden neun Institutionen, die von der Stiftung für das sorbische Volk mitfinanziert werden. Der Bund, ein Geldgeber der Stiftung, hatte ein Gutachten gefordert. Im Oktober soll ein Abschlussbericht vorliegen. Hier einige Fakten aus dem ersten Bericht:

SORBISCHES MUSEUM
Dem 2003 wiedereröffneten Sorbischen Museum in Bautzen fehlt ein klares Zukunfts- und Sammlungskonzept sowie Leitlinien für die Arbeit. Kritisch sehen die Gutachter, dass es keinen Museumspädagogen mehr gibt, und dass diese Aufgabe „nebenbei" erledigt werden soll. Das Museum ist stark von Stiftungsgeldern (über 80 Prozent) abhängig. Empfehlungen, um mehr Besucher zu gewinnen und die Einnahmen zu steigern: mehr multimediale Angebote in der Dauerausstellung, eine bessere Ausschilderung in der Stadt sowie ein Museumscafe.

WENDISCHES MUSEUM
Das Museum in Cottbus wird zum großen Teil von der Stadt Cottbus finanziert. Das Gebäude ist sanierungsbedürftig. Dem Museum fehlt ein Entwicklungskonzept. Die Dauerausstellung muss dringend überarbeitet werden - das ist geplant. Die Gutachter raten, auf die Dauerausstellung zu verzichten und stattdessen Jahresausstellungen zu planen, um mehr regionales Publikum zu locken (zurzeit täglich durchschnittlich elf Besucher). Positiv beurteilt werden Sonderausstellungen und die Museumspädagogik.

SORBISCHES INSTITUT
Das Institut konzentriere sich einseitig auf die Sorben. Es sollte andere Minderheiten stärker in den Blickpunkt rücken. Ein Arbeitsund Themenplan für die Forschung fehlt. Das Institut sucht kaum nach Wegen, um das Verschwinden der sorbischen Sprachen zu stoppen. Man bemüht sich aber um junge Akademiker und bezahlt sie fair. Das Haus ist international gut vernetzt und gibt mit der Sommerschule (ein Sprachkurs) die Sprache weltweit weiter.

DEUTSCH-SORBISCHES VOLKSTHEATER
Das Theater in Bautzen soll deutsches und eben auch sorbisches Theater bieten. 2007 erhielt es für den sorbischen Bereich rund 1,6 Millionen Euro aus öffentlicher Hand und von der Stiftung. Allerdings sind davon knapp 1,3 Millionen Euro in den deutschsprachigen Bereich geflossen. Die Gutachter .nennen das „ungesetzlich". Positiv beurteilt wird das Kinder- und Jugendtheater am Haus sowie die Mühe um sorbischen Nachwuchs.

SCHULE FÜR NIEDERSORBISCHE SPRACHE UND KULTUR
Die Cottbuser Einrichtung ist in der Erwachsenenbildung tätig, bietet unter anderem Sprachkurse in Niedersorbisch und Polnisch an. Abgesehen von- kleinen Mängeln wird der Drei-Personen-Einrichtung gute Arbeit bescheinigt.

WITAJ-SPRACHZENTRUM
Das Witaj-Sprachzentrum soll unter anderem Schulmaterial auf Sorbisch erstellen, sorbische Sprachgruppen in Kindergärten, das Witaj-Projekt, vorantreiben und wissenschaftlich begleiten. Bei der wissenschaftlichen Arbeit gibt es kaum Ergebnisse, Elternbetreuung
- wichtig im Bereich Kindergarten
- und Lehrerfortbildung gibt es kaum. Wesentliche Teile der Witaj-Aufgaben werden von staatlichen Institutionen erledigt.

DOMOWINA-VERLAG
Der Verlag gibt sorbischsprachige Literatur, Zeitungen sowie Zeitschriften heraus. Ihm fehlt Dynamik und Innovationsgeist. Er ist kaum im Bereich Neue Medien/ Hörbuch aktiv. Bei der Gewinnung neuer Autoren wird eher "abgewartet". Den Produkten fehlt "moderne kundenorientierte Ästhetik".

DOMOWINA
Die Dachorganisation sorbischer Vereine bemüht sich um Nachwuchs. In ihrer Außendarstellung ist sie aber nicht attraktiv für junge Menschen. Der Verband hat vielleicht zu viele Regionalsprecher.

STIFTUNG
Die Stiftung für das sorbische Volk verteilt Bundes- und Landesgelder an die sorbischen Einrichtungen. Darüber entscheidet der Stiftungsrat. Hier sind Nichtsorben in der Mehrheit, können die Sorben überstimmen. Die Institution könnte Personal einsparen, indem Stiftungsaufgaben unter anderem an Domowina gehen.

ALLGEMEIN
Den meisten geförderten Einrichtungen fehlt Geld. Weil viele Mitarbeiter nach Tarif bezahlt werden, erwarten die Gutachter steigende Lohnkosten für die Zukunft. Bemängelt wird fehlende Zusammenarbeit mit anderen sorbischen Institutionen sowie schlechte Öffentlichkeitsarbeit und Marketing.

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