Dienstag, 15. Februar 2011

Der sorbische Harry Potter

Serbske Nowiny
Deutsche Ausgabe
26. Januar 2011

BLICKPUNKT

Janek Schäfer

Einige Jahre schon hört man, dass sorbische Einrichtungen am Hungertuch nagen. Auch die Stiftung für das sorbische Volk mit Direktor Marko Suchy an der Spitze klagt, dass es vorn und hinten nicht reiche. Man könne keine großen Investitionen mehr tätigen. Wie das Schwert des Damokles schwingt der Zwang zum Sparen über den Sorben.

Mit Beginn des neuen Jahres war aber in allen Kanälen zu hören: „Die Sorben haben doch Kohle.“ Und nicht nur das „schwarze Gold“ aus der Erde, sondern wirklich „Knete“. Ist doch der Stiftungsdirektor wirklich bei Harry Potter in die Lehre gegangen und hat als sein Meisterstück aus dem Nichts 30 000 Euro gezaubert. Bravo, Herr Suchy! Nur sind mit deren Verwendung viele nicht so richtig einverstanden. Das Sorbische National-Ensemble soll die Scheine bekommen und in Immobilien investieren, was ja eigentlich unmöglich ist. Gerade die sorbische Institution, die bisher das meiste Geld verschlungen hat, bekommt wieder ein Geschenk. Aber was soll’s, einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. 30 000 Euro sind es dieses Jahr, und nächstes? Die Baumaßnahme steht auch fest. Beim Neujahrskonzert am 4. Januar ließ die Intendantin des SNE Milena Vettraino die Katze aus dem Sack. Der Turm des Ensembles, bisher als Lager genutzt, soll zum Café und Konzertsaal umgebaut werden. Eine Idee, die nicht neu ist, sie wurde schon vor ca. zehn Jahren vorgebracht. Und nicht nur das. Auch eine zusätzliche Stelle soll es für das SNE geben, die eines kaufmännischen Geschäftsführers. Dafür will Suchy aber nicht aufkommen. Intendantin Vettraino solle sich selbst durch „Einsparungen“ und „größere Effizienz“ darum kümmern.

Sei es drum, man kann es ja immer von zwei Seiten betrachten. Nur der Verdacht, dass einige Verantwortliche versuchen, mit Zugeständnissen und Geld, das eigentlich für andere Schönheitsoperationen geplant war, mehrere das SNE betreffende falsche Entscheidungen wieder gutzumachen, wird nicht ausgeräumt. Denn hätten alle ihre Hausaufgaben ordentlich und gewissenhaft gemacht, hätte das SNE nicht am Rande des Abgrundes gestanden. Doch hätte, wäre, wenn – wer weiß das schon.