Mittwoch, 28. Juli 2010

Warum der Streit bei den Sorben eskaliert

Sächsische Zeitung
Mittwoch, 28 Juli 2010

Namhafte Künstler üben scharfe Kritik am Aufbau einer Kultur GmbH und den massiven Einsparungen.

Von Irmela Hennig

Marko Suchy, der Direktor der Stiftung für das sorbische Volk, gehört seines Postens enthoben. So steht es in einem offenen Brief an die Stiftung für das sorbische Volk, der der Sächsischen Zeitung vorliegt. Unterzeichnet haben ihn unter anderem namhafte sorbische Künstler wie der Schriftsteller Kito Lorenc und der sorbische Komponist Detlef Kobjela.

WORUM GEHT ES IM BRIEF?

Die Verfasser empört zum einen der Umgang mit sorbischen Einrichtungen, die in großem Stil umgebaut werden. Kritisiert wird vor allem die Stiftung für das Sorbische Volk. Sie verteilt Fördermittel von Sachsen, Brandenburg und dem Bund an sorbische Einrichtungen und ist Gesellschafter des Sorbischen National-Ensembles Bautzen (SNE) und des Domowina Verlags. Sie fällt die Richtungsentscheidungen. So auch diese; Man will eine Kultur GmbH gründen, die mehrere sorbische Einrichtungen unter einem Dach zusammenfasst. Gemeint sind das Sorbische National-Ensemble Bautzen, der Domowina-Verlager, aber auch das Witaj-Sprachzentrum zur Sprachförderung sowie die Sorbische Kulturinformation Bautzen. Diese Plänewerden in dem Brief ebenfalls scharf kritisiert.

WIE KONKRET SIND DIE PLÄNE?

Nach den Unterlagen einer Sondersitzung des Stiftungsrates, er ist das Entscheidungsgremium der Stiftung, vom 4. Mai 2010 sind sie sehr konkret und sogar beschlossen. "Konzentration der Kräfte" nennt die Stiftung das Vorhaben.

WAS WURDE BESCHLOSSEN?

Entschieden wurde: Das Sorbische National-Ensemble wird geschlossen und eine neue Kultur GmbH gegründet. Michaela Mosche von der Stiftung für das Sorbische Volk bestätigte gestern, dass im Mai vorsorglich der Schließung der Ensemble GmbH zugestimmt wurde. Hintergrund: Den Sorben fehlt Geld. Darum steht das SNE vor großen Entlassungen. Etwa 30 Mitarbeiter wurden oder werden gekündigt oder erhalten keinen neuen Vertrag. Hätte es dabei viele arbeitsrechtliche Probleme gegeben, hätte man das Ensemble schließen können, so Mosche. Bislang sei der Personalabbau reibungslos verlaufen. Dennoch bestätigt Michaela Mosche: "Der Beschluss steht weiterhin." Er ist auf der Internetseite der Stiftung nachzulesen. Nichts findet man darüber, dass weitere Einrichtungen in der Kultur GmbH unterkommen sollen. Das aber geht aus dem Stiftungsrats-Papier hervor. Von der Stiftung wurde dies immer als Gerücht abgetan. Allerdings wurde der SZ von einem Stiftungsratsmitglied bestätigt, dass der Gründung der Kultur GmbH mehrheitlich zugestimmt wurde.

WAS WIRD AUS DEM THEATER?

Eine Fusion mit dem Deutsch-Sorbischen Volkstheater in Bautzen wird entgültig abgelehnt. Stattdessen wird ein "engmaschiger Kooperationsvertrag" angestrebt, der dem Ensemble "die Möglichkeit gibt, in den Räumen des Theaters eine Heimspielstätte zu etablieren". Übersetzt heißt dies: das Ensemble soll dauerhaft auf der Bühne des Theaters agieren. Mit Lutz Hillmann, Intendant des Theaters, hat darüber noch niemand gesprochen. Er hält diese Idee auf SZ-Nachfrage hin für ausgeschlossen und ärgert sich maßlos darüber.

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